Ayurveda – eine Lebensphilosophie

Die ayurvedischen Textbücher sind in Sanskrit verfasst, wobei die ältesten überlieferten Texte aus den ersten Jahrhunderten n. Chr. stammen...


Wenngleich es schon seit dem 4. Jhdt. Hinweise auf Methoden gibt, die man unter Ayurveda zusammenfassen kann.


Die Organisationsform des Ayurveda machte Indien im Altertum zum Mittelpunkt der medizinischen Wissenschaft. In jedem Bereich ist das Wissen in Ätiologie, Pathogenese, Pathologie, Therapie und Prognose unterteilt. Durch die Eroberung ausländischer Mächte kam es zu einem gesellschaftlichen Stillstand und es gab im Mittelalter kaum eine Weiterentwicklung von Ayurveda. (Vgl. Schäffler 1993, 221)

Der heutige Status des Ayurveda ist das Ergebnis aus der Geschichte der letzten 200 Jahre, also der Kolonialherrschaft, der nationalistischen Ideologien des indischen Nationalkongresses vor der Unabhängigkeit und der Gesundheitspolitik der indischen Regierung seit der Unabhängigkeit. Unter britischem Einfluss wurde die ayurvedische Medizin zurückgedrängt, staatliche Förderungen wurden für Ayurveda gestrichen und Schulen wurden geschlossen. 

Trotz der Unterdrückung der Kolonialmacht versorgte sich der überwiegende Teil der Bevölkerung mit dem traditionellen System. Nach der Unabhängigkeit änderte sich die Situation rapide und Ayurveda erfuhr wieder einen Aufschwung. 1912 wurde ein nationales medizinisches Register geschaffen, wo man den Praktizierenden der traditionellen Medizin die Registrierung verweigerte. Als der Indische Nationalkongress 1920 seine erste Resolution verfasste, erfuhr die einheimische Medizin zum ersten Mal seit 200 Jahren wieder politische Unterstützung. Es wurden klare Richtlinien für die Infrastruktur der Ausbildungsstätten, Zahl der Krankenhausbetten etc. erstellt. (Vgl. Shankar 1997,101)


Philosophie von Ayurveda 

Das Körper-Geist-System wird im Ayurveda durch das fundamentale Regulationssystem der drei Doshas (Vata, Pitta, Kapha) und durch die fünf Elemente (Raum, Luft, Feuer, Wasser, Erde) reguliert. Die Doshas, auch als vitale Kräfte bezeichnet, und die fünf Elemente wirken im menschlichen Körper. Im dynamischen Gleichgewicht sind sie wechselseitig voneinander abhängig. Kommt es zu einer Störung, kann dies zu Krankheit führen. Eine Erkrankung kann jedoch auch durch externe Faktoren, wie Bakterien, Klima etc. entstehen.


Ähnlich wie in China spielt bei Ayurveda die soziale Organisation der Gesellschaft mit dem Wesen des Körpers eine Rolle. Es handelt sich um das Modell des Handels und der Bewässerung. Die Kontrolle der Transportwege für den Handel obliegt dem Herrscher. Er sorgt dafür, dass die Transportwege für Güter frei sind. Parallel dazu müssen die drei Grundelemente des menschlichen Körpers in Fluss gehalten werden z. B. die drei Doshas dürfen nicht gestaut sein bzw. überfüllt werden.


Ein wichtiges Erbe der alten ayurvedischen Ärzte ist, dass Wissen, das Bewusstsein bzw. der quantenmechanische Körper der menschlichen Erfahrung zugänglich sind. Bewusstsein wird in der vedischen Kultur als eine grundlegende Qualität der Natur angesehen, die die gesamte manifeste Welt der Erscheinungen hervorbringt und durchdringt. Wissenschaftler haben im Ayurveda das menschliche Bewusstsein zum Forschungsgegenstand gewählt und versucht, mit verschiedenen Bewusstseinstechnologien den Bereich eines vierten Bewusstseinszustandes (neben Wachen, Schlafen und Träumen) systematisch zu entwickeln und der Alltagserfahrung zugänglich zu machen. Es handelt sich dabei um den Zustand des reinen Bewusstseins, welches auch als Ruhe, Stabilität oder Wachheit bezeichnet wird. Dadurch ist er in der Lage, Krankheiten an ihrem Entstehungsort im Bewusstsein zu beeinflussen. (Vgl. Schäffler 1993, 222)

Die Behandlung

Wenn die Doshas durch innere oder äußere Einflüsse aus ihrem Gleichgewicht kommen, führt dies zu Krankheit. Zuerst kommt es zu Befindlichkeitsstörungen, dann je nach Konstitutionstyp zu funktionellen Erkrankungen. Als Therapie werden zuallererst eine Ernährungsänderung und Lebensstiländerung vorgeschlagen. Wenn das nicht zu einem entsprechenden Ergebnis führt, wird weiters eine Phytotherapie verordnet. Phytotherapeutische Arzneimittel werden Rasayanas genannt und bestehen aus Kräutern und Mineralien, die die Gesundheit fördern und einem vorzeitigen Altern vorbeugen sollen. Als Arzneien kommen nicht nur Kräuter zum Einsatz, sondern auch Substanzen tierischen Ursprungs und auch mineralische Substanzen. 


Als weitere Therapieformen werden verschiedene Bewusstseinstechnologien, ayurvedische Reinigungstherapien, Schwitzkuren, Salbungen, Massagen, Einläufe und kleinere chirurgische Eingriffe angewandt. Um das Bewusstsein zu entfalten, wird eine bewusstseinsverändernde Therapie, sich selbst zu verwirklichen bzw. ein tieferes Verständnis für sein Selbst zu finden, verordnet. Das sind vor allem Körper- und Atemübungen sowie eine geistige Technik zur Persönlichkeitsentwicklung. Panchakarma ist eine Reinigungstherapie, um Stoffwechselschlacken auszuscheiden und das Gleichgewicht der Doshas wieder zu stabilisieren. Spezielle Arten der Ayurveda


Massagetherapien sind ein wichtiger Bestandteil:

  • Rasayana – Verjüngungstherapie, um die Gesundheit zu erhalten bzw. zu verbessern
  • Panchakarma – Entschlackungstherapie – Toxine und Schlacken sollen als mögliche Krankheitsursachen ausgeschieden werden
  • Pizhichil – warme Ölmassage am ganzen Körper
  • Shirobasti – Ölbehandlung am Kopf
  • Shirodhara – Ölbehandlung an der Stirn
  • Ksharasutra – Kräuterbehandlung bei Analerkrankungen

(Vgl. Schäffler 1993, 229-235)


Laut WHO (Legal Status of Traditional Medicine and Complementary / Alternative Medicine 1998, 131-134) bestehen in Indien seit Jahrhunderten mehrere Medizinsysteme nebeneinander: Siddha, Yoga, Naturopathie, Homöopathie, Unani und Ayurveda. 


Statistisch gesehen, wird in Indien zu ca. 70% traditionelle Medizin angewandt, vor allem im ländlichen Bereich. Es gibt in Summe gibt es an die 2.700 Krankenhäuser mit 45.000 Betten, die traditionell ausgerichtet sind; davon erhalten 75% der Patienten Ayurveda-Behandlungen. 

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