Zeremonie Brasilien

Candomble

Charakteristisch für alle Gruppen des Candomblé ist die Verehrung mehrerer Gottheiten und der Glaube daran, dass die Götter kurzzeitig in die körperliche Hülle ausgewählter Anhänger schlüpfen, um sich auf diese Weise zu offenbaren. Denn die afrikanischen Götter sind unsichtbar. Sie materialisieren sich in Medien, wie dem Wind, auf der Wasseroberfläche eines Sees oder dem Laub der Bäume. Die Götter des Candomblé, die Orixás, haben menschliche Züge mit Schwächen und Fehlern. Im Candomblé gibt es keinen Sündenfall und keine Vergebung; die Anhänger erwartet nach dem Tod weder Himmel noch Hölle. Es gibt Kräfte, die Gutes bewirken, und andere, die Schlechtes bewirken. Die Götter aber geben keine moralischen Richtlinien vor.


Bei den Festen steigen die Orixás, von den Trommeln gerufen, herab, um die Körper der Laos in Besitz zu nehmen. Ausgelöst wird die Trance vermutlich durch die Tänze und die rhythmischen Trommelschläge, vielleicht aber auch durch bestimmte Gerüche, Farben und Klänge. Die Trance wird oft als ein Zustand des totalen Vergessens beschrieben, des Außer-sich-Seins; von Unterwerfung einerseits und Besessenheit andererseits ist die Rede. Jedem Orixá wird zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort gehuldigt. Oxosse, den Gott der Wälder, sollte man in einem Wald oder in einem Park anrufen. Xango, der Gott der Steine und der Gerechtigkeit, empfängt seine Opfer an felsigen Orten. In Bahia und Rio huldigen die meisten Menschen den afrobrasilianischen Religionen mit Feiern, die gegen Ende eines Jahres stattfinden. Es gibt viele solcher Feiern, z. B. zu Silvester oder Neujahr. Millionen von Brasilianern gehen dann an die Strände, um Lemanjá, der Königin des Meeres, zu huldigen. Blumen, Parfums, Früchte und sogar Schmuck werden für die Mutter der Gewässer ins Meer geworfen, um sie wohlwollend zu stimmen und ihren Schutz sowie Glück für das kommende Jahr zu erlangen. (vgl. www.brasilia.de/volk/religion, zuletzt abgerufen am 18.08.2004).


Umbanda, eine brasilianische Religion, auch als Heilszeremonie bezeichnet

Die Umbanda, auch „Weißer Zauber" genannt, ist eine Mischung aus Candomblé und Spiritismus. Die Umbanda entstand aus mehreren Wurzeln, ihre heutige Version stammt jedoch aus Brasilien selbst. Der afrikanische Einfluss auf Umbanda ist auf die Bantu aus Angola zurückzuführen.


Die Umbanda-Religion ist erst in den 1920er-Jahren entstanden und vor allem im Südosten Brasiliens verbreitet. Erst in letzter Zeit wächst auch in Bahia die Zahl der Anhänger. Mit der „Einweißung" — der Übernahme katholischer und spiritistischer Elemente — werden zunehmend Mitglieder aus der brasilianischen Mittelschicht gewonnen, denen der Candomblé zu stark von der Kultur der Schwarzen geprägt ist.


1966 wurde Umbanda neben Katholizismus, Protestantismus und Judentum als Staatsreligion akzeptiert. Die Feiern werden in portugiesischer Sprache abgehalten und schließen Figuren aller Rassen des Landes mit ein. Umbanda ist eine mystische, spirituelle Bewegung, die religiöse Gestalten afrikanischer Inspiration mit rein brasilianischen Halbgöttern und obendrein mit den mystischen theologischen Konzepten des Europäers Allan Kardec vermischt. Zu den beliebtesten Gestalten auf den Altären der Umbanda und der Spiritisten gehören die Heiligen Cosmas und Damian, der heilige Georg, der den Drachen erschlägt, Lemanjá in ihren weißen fließenden Gewändern und die zigarrenrauchende Onkel-Tom-Gestalt Pai João. Lemanjá nimmt manchmal auch die Gestalt der Jungfrau Maria oder die einer Meeresgöttin oder Seejungfrau an. Ihre Anhänger bieten ihr am 13. Dezember in Praia Grande — São Paulo —, am 31. Dezember in Rio de Janeiro und am 2. Februar in Bahia an den Stränden Blumen, Parfüm und Gesichtspuder dar. Wenn die Opfergaben im Wasser versinken oder aufs Meer hinausgetragen werden, hat Lemanjá sie angenommen. Kehren sie an Land zurück, hat sie sie abgewiesen. Die Idee der Wiedergeburt, die Hoffnung, Kontakt zu den Seelen der Toten herzustellen, und vor allem die Sitzungen, in denen die Gläubigen Ratschläge für die Bewältigung ihrer Probleme im Alltag erhalten, spielen eine große Rolle in der Umbanda. Die Entstehung dieser Religion wird daher von Soziologen auch als Ausdruck der Anpassung an die großstädtische Zivilisation und an eine soziale Realität erklärt, in der es schier unüberwindbare gesellschaftliche Missstände gibt (vgl. www.brasilia.de/volk/religion download 18.08.2004).

Besuch einer Makumba-Zeremonie

Um die brasilianische Religion Umbanda zu verstehen, wo ich an einigen Zeremonien teilgenommen habe, die ich auch genauer beschreiben werde, ist es notwendig, zuerst über Candomblé Bescheid zu wissen. Candomblé umfasst mehrere religiöse Gruppen afrikanischen Ursprungs (auch muslimische Elemente lassen sich darin finden), die durch den Sklavenhandel nach Brasilien kamen und deren Religionen sich hier – wie der Voodoo in Haiti oder die synkretistischen Religionen in Kuba — mehr oder weniger stark mit katholischen, aber auch indianischen und spiritistischen Traditionen vermischt haben. So unterschiedlich wie die Herkunft der Sklaven waren auch ihre religiösen Vorstellungswelten, die den Candomblé prägen. Er wird vor allem im nordöstlichen Staat Bahia praktiziert, wo die Priesterinnen mit der zeremoniellen Kopfrasur, rituellen Bädern, dem Beschmieren mit Hühner- und Ziegenblut und Hühnerfedern auf der Stirn geweiht werden.


Die Zeremonie wird vom Klang der Atabaque-Trommeln begleitet, von Gesängen in afrikanischen Sprachen und leidenschaftlichen Tänzen, bis die Geweihten in Trance verfallen. Quimbanda beinhaltet neben afrikanischen auch noch anderen Einflüssen: Es steht für das, was die Brasilianer „Schwarze Magie" nennen — bösen Zauber, Opferungen von schwarzen Hühnern oder Ziegen. Bei einigen Ritualen werden den Gottheiten die Köpfe und die Füße von Tieren dargeboten, während die Priester die köstlicheren Teile für sich selbst behalten.
Unser Reiseleiter Juan, der auf die Umbandareligion spezialisiert ist, teilte mit uns auf der Fahrt zur Zeremonie sein Wissen bzw. seine Erfahrungen über Umbanda. Juan ist katholisch, fährt aber seit Jahren mit Touristen, Journalisten und Wissenschaftlern jede Woche zu verschiedenen Zeremonien und meint, dass er dadurch einen großen Erfahrungsschatz angesammelt habe. In Brasilien gehören ca. 10-20 % dieser Religion an. Umbanda wird in jeder Gemeinde unterschiedlich gelebt und in jeder Gemeinde werden die Zeremonien anders durchgeführt.


Da es sich bei Umbanda um ein Geheimwissen handelt, das mündlich weitergegeben wird, ist es schwierig, alle Rituale der Zeremonie zuzuordnen. Für Juan ist Umbanda der Name der Religion und Makumba der Name der Heilszeremonie.

Juan erzählte uns von der Bedeutung der 7 Regenbogenfarben, in denen sich die 7 Götter des afrikanischen Pantheons widerspiegeln. Jeder Gott habe eine eigene Farbe und besondere menschliche Eigenschaften, was Juan gefiel. Die Umbandapriesterinnen tragen bunte Halsketten und anhand der Farben ist ihre Zugehörigkeit zu einem der Götter erkennbar. Jede Zeremonie beginnt mit einem Blutopfer.

Juan erklärte uns den Ablauf der Zeremonie: dass wir nach Geschlechtern getrennt sitzen würden, dass zuerst eine Feier von ca. 3-4 Stunden stattfinden und anschließend eine individuelle Heilszeremonie abgehalten würde.


Der Tempel befand sich in einem alten Fabrikgebäude, von außen unauffällig. Von innen sah dieser Tempel wie eine moderne Kirche aus. Es waren wie in der Kirche Sitzreihen aufgestellt, getrennt für Frauen und Männer. Vorne war ein Kreuz aus hellblauem Neonlicht, darunter das Bild eines alten, weißhaarigen Mannes, das den hl. Bartholomäus darstellte, rechts davon eine Jesusfigur und links eine schwarze Marienfigur. Rechts und links von diesem Hauptaltar gab es zwei Seitenaltäre, ebenfalls mit Figuren: 3 Soldaten in hellblauen Gewändern, ein alter Mann, der in einem Buch las, ein Reiter und eine Madonna. Alle vier Ecken waren mit viereckigen Platten belegt, die Symbole trugen: weiße Pfeile von einer Ecke zur anderen auf rotem Hintergrund; weiße Kreuze mit weißen Dreiecken umrandet auf hellblauem Hintergrund. Um diese Symbolplatten gab es Kerzen. 


Vor dem Altar war ein Bereich mit einem Holzzaun eingefasst, in dem an die 30 weiß gekleidete Personen, hauptsächlich Frauen, einander begrüßten und sich unterhielten. Sie trugen Halsketten in unterschiedlicher Anzahl und in unterschiedlichen Farben. Alle Teilnehmerinnen hatten eine hellblaue Nummer, eingestickt im linken Oberarm ihrer weißen Bluse. Eine der Frauen, sie war die Oberpriesterin, begrüßte alle persönlich mit einer innigen Umarmung, während sie eine Zigarre paffte. Singen und Klatschen begleiteten die Begrüßungszeremonie bei der Oberpriesterin. Ein junger Mann brachte Trommeln.


Mittlerweile fingen auch andere Teilnehmer an, Zigarre zu rauchen, und verbeugten sich abwechselnd vor all den Figuren auf dem Haupt- und an den Nebenaltären. Dann begannen einige zu den Trommelrhythmen zu klatschen und in einer schnellen, kreisförmigen Schrittfolge zu tanzen. Einige gerieten in Trance. Zwischendurch kamen Teilnehmer mit erhobenen Händen zur Brüstung und „segneten" die Zuschauer, die in den Bänken saßen. Auch die Oberpriesterin blies Tabakrauch in den Zuschauerraum und segnete die Leute.

Die Zeremonie wirkte sehr locker und unstrukturiert. Es kamen immer wieder neue Teilnehmer, die die Begrüßung bei der Oberpriesterin antraten, einige unterhielten sich miteinander, während andere andächtig vor den Figuren niederknieten. Die Zuschauer in den Bänken gaben beschriebene Zettel an 2 bis 3 Teilnehmer aus dem Kreis weiter. Eine pfeifenrauchende Frau schwenkte die Wunschzettel im Rauch und sortierte sie.


Die ganze Zeremonie war immer begleitet von Gesang, Klatschen, Tanzen, Rauchen und zwischendurch lauten „Jeep"-Rufen, vor allem, wenn sich einer der Teilnehmer vor einer Figur verbeugte. Einige fielen in Trance nieder und wurden von anderen aufgefangen und umarmt. Es wirkte sehr fürsorglich und liebevoll und vermittelte ein großes Gemeinschaftsgefühl.

Die Zeremonie nahm ein Ende, als alle Teilnehmer sich im Kreis aufstellten und gemeinsam ein Lied an Xango sangen — dann mussten auch wir im Zuschauerraum uns im Kreis aufstellen und alle Priesterinnen kamen aus ihrem Bereich und segneten jeden einzelnen Zuschauer.


Nach der gemeinsamen Zeremonie war es möglich, eine einzelne Heilszeremonie zu bekommen. Dafür wurden Nummern ausgeteilt. Die Einzelzeremonie wurde von einer Oberpriesterin durchgeführt — Embanda, einer Cambones und einer Person, die der Cambones zur Seite steht, falls diese zusammenbricht.


Die Priesterin umarmt den Patienten. Dann zündet sie sich eine Zigarre an und bläst den Rauch auf den Körper des Patienten. Danach tastet sie seine Aura ab. Die Priesterin fordert den Patienten auf, ihr seine Probleme mitzuteilen. Der Patient reicht dem Medium, der Cambone, die Hände, die in Verbindung mit den Göttern tritt. Der Patient wird aufgefordert, seinen Namen mehrmals zu wiederholen. Das Medium erhält nun von den Göttern Informationen über das Problem und gibt sie an die Priesterin weiter. Die Priesterin gibt schließlich die Lösung für das Problem bekannt, umarmt den Patienten nochmals und gibt ihm Tabakmischung für ein Heilbad mit.