Das Märchen vom Schlangenkönig

Es lebte einmal eine alte Frau. Sie hatte einen einzigen Sohn, der hieß Jas (Hans). Beide waren sehr arm und wohnten in einer sehr alten Hütte...


...die mitten in Wäldern lag, weit gegen Norden, fern von menschlichen Wohnstätten. Sie lebten von Pilzen und Waldbeeren. Manchmal gelang es Jas, ein wildes Tier zu fangen oder eine Ente und so konnten sie sich ziemlich ernähren. Sie besaßen auch genügend Acker, aber die Mutter war schon zu alt und zu schwach und Jas seinerseits zu jung, um den Acker genügend zu bearbeiten...


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Hohe Tatra - Schlangenmärchen

Deshalb hatten sie von dem Acker nicht viel Ertrag. Trotzdem waren sie sehr gastfreundlich. Jeden Wanderer sahen sie in ihrem Hause gern und teilten mit ihm alles, was sie hatten, auch wenn sie sich selbst etwas entziehen sollten. Einmal ging Jas auf die Straße hinaus. Da vernahm er ein merkwürdiges Gewinsel. Es kam immer näher und Jas erblickte einen kleinen Hund, den ein unbarmherziger Mensch aus dem Hause trieb. Jas gab ihm ein Stück Brot. Der Hund fraß es mit großem Appetit. Dann nahm ihn Jas auf die Arme, trug ihn nach Hause und sprach zur Mutter: „Mutter, ich habe auf dem Wege diesen Hund gefunden; erlaube mir, dass ich ihn behalte!" Die Mutter aber, welche arm war und selbst nichts zu essen hatte, sagte: „Ich hätte nichts dagegen, aber womit sollen wir ihn füttern?" „Ich werde ihm von meinem Teil etwas geben, es wird schon gehen!" Und so blieb das Hündchen. Es bewachte seinen Herrn und war ihm in allem gehorsam. Als es groß geworden war, half es Jas bei der Jagd auf Enten und Hasen und es ging ihnen gut.


Eines Tages geht Jas über eine Wiese und erblickt dabei eine Schlange, die auf dem Wege liegt und kaum noch lebendig ist, Jas erbarmt sich der Schlange, versteckt sie unter dem Arm und bringt sie nach Hause. Hier gibt er ihr Milch von seinem Frühstück und die Schlange kommt wieder zum Leben. Sie legt sich aufs Fenster und beschaut sich alles sorgfältig. Aber die Mutter sagt: „Das ist doch schon zu viel, den Hund füttern, den Kater füttern, die Schlange füttern und noch dazu mit Milch, woher soll ich das alles nehmen?" Doch Jas entgegnet: „Ich werde schon immer mit ihr mein Frühstück teilen, sie ist so schön, so lieb, dass ich sie um nichts aus dem Hause geben würde."


Es blieb also die Schlange bei Jas und es ging ihr gut. Da sie dankbar war, behütete sie die Hütte vor Dieben. Es kam oft vor, dass alle das Haus verließen. Da legte sich die Schlange vor die Tür, rollte sich in einen Kreis zusammen und wärmte sich in der Sonne. Sobald sich ein Dieb näherte, begann sie so sehr zu lärmen, zu schreien und zu zischen, dass der Hund und der Kater aus der Hütte herausstürzten und der erschrockene Dieb weglaufen musste. Dafür liebte auch Jas die Schlange sehr und nahm sie oft mit sich ins Bett.


Die Schlange jedoch war immer über irgendetwas sehr traurig. Da fragte sie einmal Jas: „Warum bist du traurig, mein Liebchen?" Und die Schlange antwortete: „Mein lieber Jas, ich weiß, dass du mir nur Gutes wünschest; deshalb will ich dir sagen; wer ich bin. Ich bin der Sohn eines Königs. Ich war der einzige Sohn und es ging mir bei meinem Vater gut. Alle Schlangen von Polen und Russland müssen meinem Vater gehorchen. Er trägt auf dem Haupte eine kostbare Krone von lauter Brillanten; sie scheint heller wie die Sonne, daher man ihn von Weitem erkennen kann. Wer diese Krone besitzt, kann alles erhalten, was er sich wünscht. Mein Vater wohnt in den großen Wäldern und Sümpfen von Pinczuk und es ist schwer, zu ihm zu gelangen. Zwar kenne ich den Weg nach Hause, habe aber nicht die Kraft, so weit zu gehen." „Auf welche Weise bist du hierhergekommen?", fragt sie Jas. „Einmal bin ich hinausgeschlichen, um mit meinen Kameraden auf der Wiese zu spielen; da kam ein Storch herbeigeflogen, alle meine Kameraden stoben in großer Furcht auseinander, der Storch ergriff mich und brachte mich hier her weit nach Süden. Ich glitt ihm aus und fiel in Schilf. Vergebens suchte mich der Storch bis zum Abend. So saß ich dort einige Tage, ohne etwas zu essen, und wenn du nicht gekommen wärest, wäre ich vor Hunger gestorben. Ich bitte dich, lieber Jas, ich sehe, dass du arm bist und möchte dir ein wenig helfen – trage mich zum Vater und fordere von ihm die Krone, die er auf dem Haupte trägt. Mein Vater wird sie dir sicherlich geben und du wirst von nun an glücklich sein."


Ohne sich lange zu bedenken, machte sich Jas auf den Weg. Er wanderte einige Tage, immer nach Norden. Da gelangte er in solche Sümpfe und Wälder, dass es ihm schier unmöglich schien, wieder herauszukommen. Aber die Schlange steckte ihr Köpfchen hervor und zeigte ihm den Weg. Auf einmal sah sich Jas von Tausenden von Schlangen umgeben, die sich grimmig auf ihn stürzen wollten, um ihn zu zerreißen, weil er es wagte, ihren Frieden zu stören und die Grenzen ihres Aufenthaltsortes zu überschreiten. Aber die Schlange des Jas streckte ihr Köpfchen hervor und zischte ihnen etwas zu. Alle Schlangen schlichen mit Hochachtung auseinander und zeigten Jas den Weg bis zum Palast des Königs. Der Palast war von Brillanten. Der König lag auf dem Gange und wärmte sich in der Sonne. Leicht war er zu erkennen, denn seine Krone leuchtete wie die Sonne.


Verwundert bei dem Anblick eines Unbekannten, fragte der König: „Was will hier dieser Mensch?" Jas antwortete: „Ich bringe dir einen Sohn, den ich vom Tode errettet habe; ich übergebe dir ihn, wenn du mir deine Krone schenkst!" Der König war sehr erfreut, als er seinen einzigen Sohn unter dem Arm des Jas erblickte. Er sprach jedoch zu Jas: „Fordere, was du willst, Gold, Schätze, nur nicht die Krone!" „Nein, ich will nur die Krone, oder ich kehre nach Hause zurück und nehme deinen Sohn mit." „Hat dir dieser Milchbart mit der Krone schon den Kopf verdreht? Ich schenke sie dir, aber sie bringt dir keinen Nutzen und kein Glück. Du wirst alles besitzen, was du dir wünschest, alles wird dir gelingen, aber das Glück wirst du nicht finden und über kurz oder lang bringst du mir die Krone zurück." Er schüttelte das Köpfchen, die Krone fiel hinunter. Jas küsste den Königssohn und ließ ihn frei, nahm dann die Krone und steckte sie in die Tasche. Sie war sehr klein, ungefähr so groß wie ein Knopf. Auf dem Rückweg bemerkte Jas, dass sich der Weg selbst vor ihm bahne; die Sümpfe und Wälder teilen sich vor ihm, damit er einen trockenen und sicheren Weg gehen kann. So gelangte er wieder nach Hause. Hier fand er großes Elend; die Mutter ganz abgemattet vor Hunger, der Kater und der Hund so mager, dass sie nur Haut und Knochen waren. Jas nahm die Krone in die Hand und sagte laut: „Ich wünsche, etwas Gutes zu essen!" Sofort wurden, man weiß nicht woher, die besten Speisen aufgetragen. Sie hatten nun zu essen, zu trinken, sich zu kleiden, eine schöne Wohnung, so wie ein Herr. Die Mutter kam zu Kräften, der Hund und der Kater erkannten erst jetzt, was es bedeutet, Jas zu dienen.


Und alle glaubten, glücklich zu sein. Nur Jas fühlte sich nicht glücklich. Alles war ihm zu wenig, mit nichts war er zufrieden. Er war bereits ein Jüngling und es kam ihm in den Sinn, zu heiraten. Aber wen? Wohl kannte er nicht nur eine Jungfrau im Dorfe. Er brauchte nur mit dem Finger zu schnippen, nur ein Wörtchen zu sagen und hundert Jungfrauen hätte er zur Auswahl und wäre glücklich; aber das passte ihm nicht. Er blickte nicht einmal einer Jungfrau vom Hofe nach, vielmehr nahm er sich vor, sich im Königspalast eine Gemahlin zu suchen.


So erschien er denn in prächtiger Kleidung, bestehend aus Gold und Diamanten und auf einem herrlichen Pferd vor dem König. Nicht einmal der König hatte ein solches Pferd. Jas brachte dem König reiche Geschenke und Kleinodien mit, wie sie der König in seinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Da der König sein Untertan in diesem Reichtum sah, führte er ihn in seine Gemächer und zeigte ihm seine Tochter. Jas gab auch ihr schöne Geschenke; die Königstochter nahm sie an, erkannte aber sofort, dass Jas ein einfacher Mann sei, denn er hatte seine teuren und schönen Stiefel mit Birkenharz eingeschmiert. Der arme Jas glaubte, dass das Birkenharz der Königstochter das größte Wohlgefallen bereiten würde; aber was Wunder? Er war ja im Walde aufgewachsen, wusste nicht, dass die Königstochter von Jugend an nur die ausgesuchtesten Speisen aß und darum besser duftete als ein Veilchen?!


Ungefähr nach einem Monat, als sich Jas in dem königlichen Hofe schon mehr heimisch fühlte, bat er den König um die Hand seiner Tochter. Der König, verwundert über diesen Wunsch, antwortete: „Meine Tochter ist schon mit dem Fürsten der Letten verlobt, ich kann mein Wort nicht mehr zurücknehmen." Als aber Jas dringender bat, sagte zu ihm der König, indem er sich über ihn lustig machte: „Sieh, drei Meilen von hier steht ein großer Berg und soweit man mit dem Blick reichen kann, gibt es nur Sümpfe. Trage den Berg zur Hälfte ab, schütte mit der Erde die Sümpfe zu, damit hier Menschen wohnen können, errichte auf dem Berge eine starke Festung und ein so festes Schloss, dass kein Feind es nehmen kann!" Mit diesen Worten wollte ihm der König zu verstehen geben, dass es ihm ebenso unmöglich sei, als einfacher Mann eine Königstochter zu heiraten, wie es ihm unmöglich ist, die Arbeit auszuführen.


Jas entfernte sich, nahm die Krone aus der Tasche und sagte laut, er wünsche den Berg abzutragen, die Sümpfe zuzuschütten, das Schloss aufzubauen. Kaum hatte er den Wunsch geäußert, siehe, da begann sich der Berg zu schieben, die Erde fiel auf die Sümpfe und schüttete sie zu. Auf dem Berge begannen sich Mauern zu erheben, es erstand ein Schloss und ein prächtiger und fester Königspalast, wie es im ganzen Reich keinen gab. Und das alles geschah in einer Nacht.


Als der König am folgenden Morgen aufstand, erblickte er das prächtige Schloss. Nicht einmal der Fürst der Letten besaß ein solches. Am meisten aber verwunderte sich der König über die Schnelligkeit, mit der das Schloss aufgebaut wurde. Viele Leute kamen zum König und baten ihn um Land und der König gab jedem, solange der Vorrat reichte.

Jas erschien zum zweiten Male vor dem König und bat um die Hand seiner Tochter. Dem König war es jetzt unmöglich, die Bitte abzuschlagen. Sogar die Königstochter, bewogen durch die Wunder, willigte in das Verlöbnis mit Jas ein. Denn sie fürchtete ihn, liebte ihn aber nicht und sang weinend in russischer Sprache:

„Wer mein Geliebter ist, das weiß ich wohl. Ich weiß aber nicht, mit wem ich leben soll." Es wurde eine Hochzeit gefeiert, wie sie die Welt weder sah noch kannte. Der Fürst der Letten war Brautwerber. Während der Hochzeitsfeier hatte dieser der Königstochter andauernd etwas ins Ohr zu sagen und umgekehrt die Königstochter ihm. Jas sah das zwar, dachte aber, dass es so sein muss, dass es so die königliche Sitte fordert. Der arme Jas freute sich und wusste nicht warum, wahrscheinlich deswegen, weil sich andere freuten. Da er selbst sehr ehrbar war, glaubte er, dass es auch alle sind. Der König aber befahl seiner Tochter, mit ihrem Gemahl zu wohnen, und bat den Fürsten abzureisen. Beim Abschied weinten der Fürst und die Königstochter, wogegen man nichts tun konnte. Obwohl Jas sehr gut und rechtschaffen war (selbst die Königstochter gab das zu), so hatte er doch kein königliches Blut. Er konnte nicht befehlen, sondern nur gut handeln, er konnte nicht fein tanzen und wenn er den Säbel in die Hand nahm, so meinte er, es sei ein Dreschflegel. Mit der Zeit jedoch gewöhnte er sich an alles. Seine Gemahlin begann ihm aus eigenem Interesse zu schmeicheln, ja sogar ihn zu küssen und Jas verlor dadurch vollends die Besinnung und glaubte, dass er sehr glücklich sei.


Ungefähr nach zwei Monaten fragte ihn seine Gemahlin, auf welche Weise er das prächtige Schloss erbaut habe. Jas offenbarte ihr alles, er zählte ihr auch von der Schlangenkrone und zeigte sie ihr sogar. Das gerade wünschte sich die Königstochter. Noch an demselben Abend lud sie Gäste ein, womit Jas einverstanden war. Alle wurden mit den besten Speisen bewirtet und der Wein floss nur so allen über das Kinn. Die Königstochter schenkte Jas in einem fort Wein ein; Jas berauschte sich zum ersten Male in seinem Leben und lag wie leblos auf seinem Bett. Das „liebe Frauchen" machte sich – ripps, rapps – an seine Taschen und fand die brillantene Krone. Darauf blickte sie auf den berauschten Jas und sagte: „Ach! Ach! Wenn ich doch einmal diesen Jas loswürde und meinen geliebten Fürsten besitzen könnte!" Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, war Jas auch schon weg und an seiner Stelle der feine Fürst, ihr alter Geliebter. Die Königstochter war sehr erfreut; sie versteckte die Krone in das geheimste Versteck und wenn sie schlief, nahm sie dieselbe in den Mund und verbarg sie unter der Zunge.


Jas kam unterdessen allmählich wieder zu sich; er schaut und sieht sich in seiner Hütte, in seinem Heimatdorfe, der Hund und der Kater schmiegen sich an ihn, nur die Mutter fehlt – denn sie ist gestorben. Er wusste nicht sofort, was das bedeuten sollte. Als er jedoch seine Taschen durchsuchte und die Krone nicht fand, merkte er sogleich, dass ihn die Königstochter in schändlicher Weise hintergangen hatte. Da vergoss Jas bittere Tränen. Der Hund und der Kater erbarmten sich seiner und fragten ihn, warum er so weine. Jas erzählte ihnen sein Unglück. „Ha, so gehen wir die Krone suchen und bringen sie dir", sprachen die guten Tiere. Es begaben sich nun alle auf den Weg. Sie gehen und gehen – doch es geht sich nicht so schnell, wie man spricht – verschiedene Unglücksfälle erlebten sie auf der Reise, bis sie endlich das berühmte Schloss des Jas erblickten. Jas blieb im Walde zurück und wartete. Hund und Kater begaben sich zum Schloss. Sie mussten über einen Fluss. Der Kater stieg auf den Hund und sie schwammen hinüber. Als sie bei der Schlossmauer angelangt waren, wollte der Kater hinaufklettern, aber die Mauer war so glatt, dass ihm seine Krallen nichts nützten. Sie überlegten nun, wie sie in das Schloss kommen könnten. Während sie so nachsannen, hörten sie Musik; irgendein Marsch wurde gespielt. „Was ist das?", fragte der Hund und verbarg sich hinter einem Strauch. Der Kater duckte sich hinter ihm nieder. Da kriechen aus einem Loch Mäuse hervor, es war ein Mäusehochzeitszug. Voran gehen die Musikanten mit Bässen, Geigen und einer Pauke, dann die Brautwerber und Brautwerberinnen, weiter die Hochzeitsburschen mit ihren Frauen, hinter diesen das Brautpaar, der Bräutigam schön gekleidet, die Braut die schönste von allen Mäusen, hinter dem Brautpaar die Ehrenpersonen und die Gäste. Alles ging zur Trauung. Des Katers Augen funkelten, o, er war hungrig, hungrig! Doch der Hund sagt zu ihm: „Kater, mach keine Dummheiten, ergreif die Braut, erwürge sie aber nicht, im Übrigen verlass dich auf mich." Hops – sprang der Kater und ergriff die Braut. Ihr hättet das Geschrei, die Verwirrung und die Angst der Mäuse hören und sehen sollen, als ihnen dieses schreckliche Unglück zustieß.


Sie stoben nach allen Seiten auseinander. Nur der Bräutigam streckte seinen Kopf aus dem Loch hervor, um zu sehen, was mit seiner Braut geschieht. Und der Hund sprach: „Höre, Schwarzer, wir geben dir deine Braut zurück und tun ihr nichts, du musst aber zu der Königstochter gehen und uns die Schlangenkrone bringen; du kennst ja hier alle Verstecke."


„Wohl kenne ich sie", antwortete der Bräutigam, „im Strumpf der Königstochter hat mich meine Mutter aufgezogen, aber zu der Krone kann ich nicht gelangen, denn die Königin trägt sie bei sich und versteckt sie während des Schlafes im Munde."

„Was geht mich das an", schrie ihn der Hund zornig an, „bring die Krone oder leb wohl und verabschiede dich mit deiner Braut für immer!"


Der Bräutigam zog das Schwänzchen ein und eilte davon. Er kriecht in das Schlafzimmer der Königstochter. Siehe, da liegen zwei im Bette: der Fürst und die Königin; sie schlafen und schnarchen, dass einem das Herz lacht. Der Bräutigam sah der Königstochter zwischen die Zähne. Es war nicht möglich, die Krone herauszunehmen. Doch wozu hatte er den Verstand? Er steckte ihr das Schwänzchen in den Mund, begann damit zu wackeln, die Königin wachte auf und weil sie so was Rundes im Munde fühlte, spukte sie aus und die Krone fiel – hopp – auf die Erde. Die Königstochter sprang auf; doch ehe sie die Kerze angezündet hatte, war der Bräutigam mit der Krone davon und hatte sie dem Kater übergeben. Dieser ließ das arme Mäuschen, welches aus Angst mit den Zähnen klapperte, los. Alle Mäuse eilen aus den Löchern. Ei! Wie sie den Mazurka aufspielen: pi, pi, pi, pi, pi, pi, pi, pi l Das war eine Freude! Sogar dem Hund und dem Kater brachte man Käse, Wurst und Honig, damit sie sich freuten.


Nachdem sich Hund und Kater gesättigt hatten, verweilten sie nicht länger, sondern begaben sich auf den Weg. Als sie wiederum zu dem Fluss kamen, nahm der Kater die Krone zwischen die Zähne, stieg auf den Rücken des Hundes und sie begannen zu schwimmen. Auf einmal erblickte der Kater einen Fisch. Das habsüchtige Katerungetüm wollte ihn fangen – die Krone fiel ihm aus dem Munde. „0 Hilfe, Hilfe!", schrie er. Der Hund wollte ihn im ersten Augenblick vor Ärger ertränken; bald aber mäßigte er sich und versetzte ihm erst am Ufer einen Rippentriller. Dann befahl er ihm, den Schwanz ins Wasser zu tauchen und ihn so zu halten. Ein Hecht kam herangeschwommen und da er glaubte, dass es etwas zu essen ist, schnappte er nach dem Schwanze. Der Kater miaute vor Schmerz, aber der Hund fasste den Hecht Sofort beim Halse und zog ihn ans Ufer. Hier trennte er ihn sofort auf und fand in seinem Innern die Krone. Er gab sie nicht mehr dem Kater, weil dieser zwar rechtschaffen, aber dumm war. So kamen sie zu Jas und übergaben ihm die Krone. Jas dankte ihnen aufs herzlichste für den Dienst und begab sich sofort zum König. Der König wusste von nichts und da beklagt sich Jas vor ihm über die Königin! „Das kann nicht sein, davor steht sie nicht zu schonen!" „Nun gut", sagte Jas, nahm die Krone in die Hand und sprach: „Man soll die Königin mitsamt dem Bette herbringen!" Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, so öffnet sich die Tür, das Bett kommt herein und in ihm liegen der Fürst und die Königstochter. Ei, wie ergreift da der alte König das Kerbholz, wie beginnt er beide zu prügeln, dass sie vor Schmerz und vor Scham seufzten! Schließlich trat Jas für sie ein und nahm dem König den Stock weg. Doch was war zu tun? Jas sah, dass die Königin nicht für ihn bestimmt war. Er wollte sie nicht zur Liebe zwingen, obwohl er das Recht dazu hatte. Ein solches Leben mit der Königin wäre ja dem Tode gleich gewesen. Was tat er nun? Er stand auf und sprach folgendermaßen zu ihnen: „Ich könnte euch töten, verbrennen, vernichten, doch was hätte ich davon? Lebt ihr lieber im Glück, ich gehe in die Welt!" Weg war er und kehrte nie wieder zurück.


Jas begab sich mit der Krone zum Schlangenkönig und gab sie ihm zurück. Zugleich erzählte er ihm sein Unglück. Die Schlange sprach zu ihm: „Ich sagte dir doch, dass du niemals auf der Welt wahres Glück finden wirst. Gut und Ruhm wirst du besitzen, die Leute aber werden es dir missgönnen, denn sie wissen nicht, dass der einfache Mann oft hundertmal glücklicher ist als der mächtigste König."

Es lebte nun Jas zusammen mit dem Hund und dem Kater im Palaste des Schlangenkönigs bis an seines Lebens Ende.


Quelle: J. Piprek, polnische Volksmärchen, Wien 1918, S. 16